steirischer herbst 2004
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Die menschliche Stimme und die bildende Kunst
 

Die menschliche Stimme ist wesentlicher Bestandteil und Träger von Information und darüber selbst an Kommunikation beteiligt, sie ist also auch Information, Geste und Ausdruck. Sie ist Spur des Körpers in der Sprache. Die Stimme ist Vehikel der Rede und gleichzeitig ihre Deutung bzw. ihr Kommentar. Über Stimme zu sprechen, findet in und mit der Stimme statt. Insofern ist in jeder Erörterung, die sich mit der Stimme befasst, ein selbstreflexives Motiv eingefasst. Ein Moment der Doppelung ist in der Stimme enthalten, das jedoch nicht zur Deckung kommt und erst durch ihre Übertragung in ein anderes Medium sinnfällig zu werden vermag. Über Aufzeichnungsgeräte, wie akustische Medien, wird die Selbstpräsenz der Stimme unterbrochen, jene Selbstpräsenz, in der sich der/die Sprechende selbst reden hört, und der Aspekt der Fremdheit, indem ich mich sprechen höre, wie ein anderer mich hört, verstärkt. Diese Erfahrung, indem auch die Zeitlichkeit des Sprechens ins Bewußtsein tritt, unterbricht auch die unterstellte Identität von Sinn und Sprechen. Dass Sprechen und Sinnentstehen untrennbar und gleichzeitig sind, war schon in der antiken Philosophie diskutiert. Während die Stimme eine ureigene Selbstbezüglichkeit besitzt, ereignet sich das Hören als Antwort auf einen Anspruch, der vom Anderen ausgeht, das auch das eigene Andere sein kann. Es gibt eine Differenz zwischen der gehörten und gesprochenen Stimme. Stimme unterliegt nicht nur einem ständigen Wandel und Anpassungsprozeß, sondern sie ist auch vielschichtig. Sie erscheint in ihrer Körperlichkeit, hat Alter, Geschlecht und Identität, sie hat Klang und Sinn, Ton und Bedeutung gleichzeitig. Über Stimme läßt sich nur reden und reflektieren, wenn man das Hören mitbedenkt. In der Ausstellung im Jahresmuseum wird die Stimme untersucht als Medium und zugleich im Medium. Die Stimme erscheint als vergesellschaftete, technisch-medial reproduzierte, als leibliche in lebensweltliche Bezüge eingebettete Stimme und als Thema unserer Hörgewohnheiten. Eine wichtige Frageperspektive richtet sich auf das Verhältnis von Absenz und Präsenz, Ferne und Nähe, Natürlichkeit und Künstlichkeit der Stimme. Eine zentrale Frage der Präsentation bildet, wie das Medium der Stimme in einem anderen Medium repräsentiert werden kann, d.h. unter welchen Bedingungen sich Akustisches bildlich fassen und vermitteln lässt. Dies gelingt über medialen Transfer. Stimmen artikulieren sich meist in Gemeinschaft mit Gesten, und diese sind sichtbar, ebenso wie Sprecher auch in anderen Medien erscheinen, zum Beispiel in Nachrichten, bei öffentlichen Reden oder in akustischen Aufzeichnungen. «StimmenBilder» widmet sich ausschließlich Positionen zeitgenössischer Kunst zusammen. Die Beiträge reichen durch alle Medien und Ausdrucksweisen, von der Zeichnung (Rothemann) und Schriftbildern (Grigely) bis zu musikalisch inspirierten Arbeiten wie in einem Lautgedicht von Gerhard Rühm. Video-Projektionen zeigen die Beschäftigung mit der Stimme, ihrer Identität und Geschichte (Schinwald) und den inneren Spalt, den sie bildet, wenn sie sich beim eigenen Sprechen selbst vernimmt (Asta Gröting). Synchronisation ist das Thema von Pierre Bismuth, der die vorgebliche Einheit von Person und Ausdruck in einer amüsanten Arbeit zum «Duschungelbuch» illustriert. VALIE EXPORT verbindet die Aussagekraft menschlicher Sprache mit einer fast chirurgischen Einsicht in das Innere des Körpers. Nicht zuletzt entsteht exklusiv für den Ort und die Ausstellung eine große Wandzeichnung des jungen Künstlers Constantin Luser.

KünstlerInnen VALIE EXPORT (A), Dan Graham (US), Asta Groling (D), Pierre Huyghe (F), Constantin Luser (A), Gabriele Rothemann (D), Markus Schinwald (A) u. a.