steirischer herbst 2004
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Foyer
Ein Stück von Wolfgang Bauer
Realisierung      Theater im Bahnhof
Ort   Helmut-List-Halle
Uraufführung   9. 10. 2004, 20 Uhr
Weitere Aufführungen    10., 13., 14., 15. 10. 2004, jeweils 20 Uhr
 


Willkommen bei Adobe GoLive 4 Ein Foyer ist ein schwieriger Raum, Durchgangsraum, Wartesaal, Pausenhalle, meist auch noch ziemlich ungemütlich. Man wartet, bis es losgeht, lästert und raucht in der Pause oder verlässt es nachher sofort.
Premierenfeiern in Foyers misslingen gern.
Unangenehm ist es, wenn man aus einem Foyer nicht mehr rauskommt, wie Dr. Charlie Dodler. Er kommt ins Blue-Star-Theater, um der Uraufführung seines autobiographischen Stücks beizuwohnen und wird am Einlass prompt abgewiesen. Nur von draußen kann er erahnen, was drinnen vor sich geht. Und erkennt nicht wieder, was er geschrieben hat. Das soll sein Leben sein?
Was er nicht sehen darf, wohl aber erzählt bekommt, erinnert ihn nur entfernt an das, was er geschrieben hat. Dodler zweifelt zusehends daran, zur richtigen Zeit am richtigen Ort im richtigen Stück zu sein. Regeln, auf die er sich seit siebzig Jahren verlassen konnte, sind plötzlich außer Kraft gesetzt. Das, was für ihn real und daher gültig war, steht ihm nicht mehr zur Verfügung.
Der arme Poet verliert sein Leben aus dem Blickfeld, verliert die Kontrolle über seine Existenz. Diese Kontrolle übernimmt die Öffentlichkeit, der er seine Biographie in Form eines Stücks zur Verfügung stellt. Selber schuld. Sein „tolldreistes Leben“, so der Titel des Stücks im Stück, gerät vollends aus den Fugen und wird zum tolldreisten Leben im Foyer, diesem unwirtlichen Biotop.
Dodler ist ein perfekt vermarkteter Künstler, sein Stück (= Leben) ist seit 70 Jahren ausverkauft, ein Renner für Tourismus und Bourgeoisie („Köstlich!”). Ihm wird übel mitgespielt: er weiß bald nicht mehr, ob er spielt oder ob mit ihm gespielt wird, ob er der Erfinder des Stückes ist oder eine erfundene Figur in einem fremden Stück. Ist er am Ende gar seine eigene Erfindung? In die anfangs überschaubare Ausgangssituation hält eine ungreifbare Raum- und Zeitdimension Einzug: „Strudelzeit”. Was als erholsamer Theaterabend in einer österreichischen Stadt geplant war, entwickelt sich zu einer Weltraummission, ohne gesicherte Rückkehr. In diesem Strudel kann es schon vorkommen, dass einem das eigene Ego abhanden kommt, wenn man nicht aufpasst und ohne Krisenmanagement dasteht. Aber neue Egos sind in der Öffentlichkeit schnell herstellbar, so wird dem Dodler kurzerhand ein neues Ich implantiert.Praktisch, was die Ärzteschaft so alles kann.
Letztendlich fügt sich alles in eine Normalität: in die Normalität der Krise. Wenn „Krise immer ist”, dann liegt dieses Stück richtig – in permanenter Schräglage. Im Spannungsfeld zwischen Wahrheit und Fälschung, Unwissenheit und Erkenntnis, Fassbarkeit und Unfassbarem. Also alles in Ordnung, irgendwie: „Theater ist Krise. Das ist eigentlich die Definition im Theater – sollte es sein. Es kann nur als Krise und in der Krise funktionieren, sonst hat es überhaupt keinen Bezug zur Gesellschaft außerhalb des Theaters.” (Heiner Müller)



Regie Monika Klengel, Pia Hierzegger
Ausstattung Heike Barnard, Johanna Hierzegger
Sounddesign Seppo Gründler
Lichtdesign Gerd Andreiz, Sabine Wiesenbauer
Dramaturgie Wolfgang Hofer

Mit Juliette Eröd, Eva Maria Hofer, Lorenz Kabas, Robert Kouba, Rupert M. Lehofer, Manfred Weißensteiner, Martina Zinner u. a.


 

Theater im Bahnhof

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