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Kritik Musiktheater: Zarte und öde Augenblicke
Des Meeres und der Stimme Wellen: Olga Neuwirths ". . . ce qui arrive . . ." im "steirischen herbst" überraschte nicht mit hohen Wogen.


Es gibt schöne Momente in Olga Neuwirths Kaleidoskop des Lebens, das wie die Meereswellen im Video von Dominique Gonzalez-Foerster dahinfließt - keine gleicht der anderen, keine ist vorhersehbar. Es gibt zarte, sanft angestimmte Sequenzen vom ganz in Weiß gedressten "Ensemble Modern" unter Franck Ollu. Und Paul Austers sonore Stimme zieht an, wenn er kleine alltägliche Geschichten aus "The Red Notebook" in seiner Muttersprache erzählt: von der Kunst des Überlebens; von katastrophalen Unfällen, die im letzten Moment gerade noch verhindert werden konnten. Um den Zufall, das existenzielle Ausgeliefertsein, nie zu wissen, was im nächsten Augenblick passiert, kreist das Multimedia-Projekt ". . . ce qui arrive . . ." der arrivierten jungen Komponistin, die einen traditionellen Platz im "steirischen herbst" eingenommen hat. Die Klangbögen von Streichern und Bläsern durchfluten die dunkle List-Halle, untermalen assoziative Gedankenbilder wie Filmmusik. Selten kontrastiert von melodiösen Ausbrüchen oder Tonlagenschwankungen.

Auch Austers Stimme wird zum Instrument, eingespielt in ein gleichförmiges Rauschen und Plätschern. Auf die Verständlichkeit des Textes legt Neuwirth nur fragmentarisch Wert. Stattdessen betont sie, dass es sich bei ihrem Werk nicht um ein "Hörspiel" handle. Schade eigentlich. Denn allmählich macht sich Monotonie breit. Selbst der einsame Transvestit am Laufsteg eines venezianischen Kais, der mit vom Winde verwehten Schleiern und in unterschiedliches Tageslicht getaucht wie die Monroe posiert, langweilt alsbald. Statt der anödenden Performance und singenden Georgette Dee hätte Gonzalez-Foerster besser nur das Meer fokussiert.

Auch wenn hinter dem Auftragswerk viele Ideen stecken, von der Verschränkung innerer und äußerer Räume bis zur polyphonen Umkreisung des Zufalls-Prinzips, schlug die Grazer Uraufführung keine hohen Wogen. Ein paar verstörende und zarte Klänge sowie des Meeres und der Stimme Wellen tragen bei weitem nicht einmal den kurzen Abend. Der höfliche Schluss-Applaus mag auch ein Indiz dafür sein, dass der "herbst" seine (Noten-)Blätter abgeworfen hat.

Elisabeth Willgruber

erschienen in:
Die Presse, 23. 10. 2004