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Geburtstagsfeier wird zur Familienhölle
Familiendrama der hochbegabten jungen Autorin Gerhild Steinbruch


Eben haben sie noch gemeinsam Schokoladetorte verspeist und nun bezeichnet Marie ihre Mutter als "psychischen Sondermüll". Fortschreitende Beziehungsverwesung in einem auch äußerlich allmählich verfaulenden Haus: Das ist das beklemmende Thema des Stücks "Nach dem glücklichen Tag" von Gerhild Steinbuch, das am Samstag im "steirischen herbst" auf der Grazer Probebühne uraufgeführt wurde. In ihrem sprachlich komplexen Text mit rhythmischen Qualitäten schildert die 21-jährige Autorin ähnlich wie in ihrem Bühnenerstling "kopftot" die Familie als Kampfplatz. Die Mutter, ihre Tochter und deren Freund: Drei Menschen, aber eine Vielzahl an Abhängigkeiten, Schuldzuweisungen und anderen Konflikten.

Die Bühne (Susanne Maier-Staufen) ist eine segelartige, angeschimmelte Architektur, angefüllt mit Ikea-Archivboxen und einem Fenster zur Welt. Die verloren geglaubte Tochter Marie (Natascha Shah) kehrt in das seelenlose Ambiente ihrer ebenso todkranken wie todessehnsüchtigen Mutter (Friederike Bellstedt) heim und präsentiert ihren Freund Paul (Thomas Prazak). Ein Familiengeburtstag kippt in eine Beziehungshölle: Ein aus Erinnerungen und Ahnungen gestricktes Netz an Verständnislosigkeiten zieht sich immer enger um das Trio und mündet in körperlicher Gewalt. Das Diktum der Mutter - "Es gibt da einen glücklichen Tag im Leben, da läuft der ganze Sinn drin zusammen. Da kommt dann aber nichts mehr nach, da wird nichts besser" - schwebt drohend über den Kopfmenschen.

Schauspieldirektor und Regisseur Matthias Fontheim bringt das Werk der hochbegabten, in Graz lebenden Jungdramatikerin aus Mödling klar und mit Nachdruck auf die Bühne. Herabfallender Bühnenschnee zur Verdeutlichung grassierender (Gefühls-)Kälte wäre verzichtbar gewesen. Die Akteure haben mit der Darstellung der verhärmten Mutter, der von dunkler Vergangenheit eingeholten Tochter und eines als Psychopathen agierenden jungen Mannes keine Probleme. "Und ich seh’ Schatten an den Wänden, die kommen mir wie hundert spitze Zähne vor", sagt die traumgeplagte, nach ihrem Vater forschende Tochter. Das ist ein imaginäres Gebiss, das schließlich alle zermalmt. Die Eigenständigkeit der jungen Autorin beeindruckt. Von Gerhild Steinbuch wird noch viel zu hören sein.

Martin Behr

erschienen in:
Salzburger Nachrichten, 02. 11. 2004